Design und Stabilität pharmazeutischer Formulierungen
Etwa 90% aller neu entwickelten pharmazeutischen Wirkstoffe (active pharmaceutical ingredients, APIs) weisen eine extrem niedrige Wasserlöslichkeit und damit verbunden eine sehr geringe Bioverfügbarkeit auf. Um dem entgegenzuwirken und diese Wirkstoffe für therapeutische Anwendungen verfügbar zu machen, enthalten Medikamente neben den APIs auch Hilfsstoffe, die sowohl die Wasserlöslichkeit als auch die Auflösungskinetik verbessern sollen. Die entstehenden Mischungen werden als Formulierungen bezeichnet und kommen als Tabletten, Impfstoffe oder Infusionen auf den Markt.
Das Design von Formulierungen muss sowohl ihre Herstellung, ihre Lagerung als auch ihre Anwendung (Auflösung) im Körper in den Blick nehmen. Am Beispiel von Tabletten diskutiert der Vortrag die thermodynamischen Fragestellungen, die sich für die drei Abschnitte des Lebenszyklus von Tabletten ergeben.
Die wichtigsten Hilfsstoffe für ein Formulierung als Tabletten sind Polymere und Tenside. Diese sollen für eine bessere Bioverfügbarkeit sorgen, indem sie die metastabile, amorphe Form des API stabilisieren. Weil APIs aber auch in Polymeren/Tensiden oft nicht in ausreichendem Maße löslich sind, liegen quasi alle Formulierungen im übersättigt vor und neigen zur Kristallisation. Das wird durch hohe Temperaturen und relative Feuchten noch signifikant beschleunigt. Behördliche Zulassungsverfahren fordern daher den Nachweis einer bestimmten Langzeitstabilität (Haltbarkeitsdauer) von Tabletten.
Der Vortrag erläutert, wovon die Langzeitstabilität abhängt, wie sie gemessen und vor allem auch beeinflusst werden kann. Hier spielt vor allem die Wahl geeigneter Polymere und Tenside eine besondere Rolle. Diese werden derzeit oft durch aufwändige Screenings bestimmt - bei angestrebten Langzeitstabilitäten von mehreren Jahren offensichtlich ein wenig zielführendes Vorgehen.
Der Vortrag beschreibt Strategien zur thermodynamischen und kinetischen Modellierung und insbesondere zum Auffinden geeigneter Hilfsstoffe und zur erfolgreichen Vorhersage von geeigneten Herstellbedingungen, von Langzeitstabilitäten und von Auflösungsphänomenen. Dadurch lassen sich zeitaufwändige und kostenintensive Messungen auf ein Minimum reduzieren und die Entwicklungszeiten von Medikamenten erheblich verkürzen.
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Prof. Dr. Gabriele Sadowski
Lehrstuhl für Thermodynamik, Technische Universität Dortmund
KIT-Fakultät für Chemieingenieurwesen und Verfahrenstechnik
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlsruhe
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https://www.ciw.kit.educ